Warum gute Argumente nur Vorurteile betonieren

Überzeugungsarbeit – wenn Arnold erzählt … 

 

Vor seiner Wahl zum Gouverneur von Kalifornien im Jahr 2003 wählte Arnold Schwarzenegger zunächst eine sehr klare Kommunikationsstrategie, weil er sich als Gouverneur für das Klima einsetzen wollte. Die Umfragewerte sanken stetig, es lief denkbar schlecht. Nichts funktionierte. Weltuntergangsszenarien – nichts. Eisbären – nichts. Hitzetote – ein bisschen besser, aber nicht signifikant. Wenige Wochen vor dem Wahltermin starb ein ungeborenes Kind an „Pollution“, und ein junges Mädchen konnte wegen verunreinigter Luft nicht mehr richtig atmen und musste durch eine Beatmungsmaschine am Leben gehalten werden. Die Bilder darüber erreichten die Medien, Schwarzenegger gewann die Wahl und konnte weitreichende Gesetze für den Klimaschutz erlassen

 

Was kann man aus dieser Geschichte lernen? Saubere Luft scheint tatsächlich etwas zu sein, was Menschen bewegt und was sie verstehen. CO2-Konzentrationen und Treibhausgaseffekte floppen dagegen, der Effekt dieser Bedrohung ist zu abstrakt, zu komplex, zu weit weg und zu wenig nachfühlbar – noch zumindest. 

 

Genetisch codiert: Unser Versagen bei komplexen Problemen 

 

Schon im letzten Jahrhundert schrieb Hoimar von Ditfurth über die „charakteristische Unbelehrbarkeit unserer genetischen Disposition“ – über Jahrtausende ist sie wie eine angeborene Handlungsanleitung entstanden. Kernproblem des Verhaltens ist Angst. Diese Ur-Angst dreht sich immer um das Existenzielle, um Leben und Tod. Als Wächtersystem ist sie dafür verantwortlich, dass wir überleben. Entwickelt hat sie sich nicht zum Erkennen der Welt, sondern zum Überleben. Das funktioniert super im Moment, auf einer vielbefahrenen Kreuzung, die wir sinnlich erfahren können. Aber es funktioniert weniger gut bei Problemen, die eben nicht im Moment direkt erfahrbar sind. Werden die Bedingungen zu komplex, also unvorstellbar, funktionieren wir quasi '“verkehrt herum“. Wir ignorieren – aus einem Schutzimpuls heraus und aus Angst, dass uns eine unaushaltbare Situation erwarten könnte. (Letztendlich lassen sich hier auch Parallelen zur Corona-Pandemie ziehen!)


„Das Problem ist, dass das Lernen nur funktioniert, wenn es kurzfristig eine Rückmeldung zum „Erfolg“ gibt, wenn der Betroffene sofort merkt, was passiert. Ich kann also nicht erleben, dass mein Handeln gegenüber der Klimakrise mein Überleben sichert.“ (Arno Deister, Chefarzt eines Zentrums für psychosoziale Medizin)  


Das Ergebnis vieler Studien mit Probanden aus der ganzen Welt ist eindeutig: Je existenzieller die Bedrohung, desto geringer die Bereitschaft, das Verhalten zu ändern. Menschen, die sich von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht fühlen, verhalten sich besonders abschottend. Sie haben Kontrollverlustängste, die größte Barriere für konstruktives Verhalten, und sie reagieren mit symbolischen Verteidigungsreaktionen. Aus ihren Ergebnissen haben die Wissenschaftler einen klaren Schluss gezogen, der einerseits etwas frustrierend ist, Ihnen andrerseits aber auch viel verpulverte Energie in der Zukunft sparen kann: „Von der Strategie des Wachrüttelns durch Bedrohungsszenarien ist dringend abzuraten.“ Bringt nix. Im Gegenteil …  

 


„In Anbetracht der Tatsache, dass wir angesichts eines lichterloh brennenden Hauses buchstäblich „business as usual“ betreiben, ließe sich durchaus eine kollektive Psychose diagnostizieren. Bis zu einer neuen Partnerschaft zwischen Natur und Kultur werden wir sehr stürmische Zeiten durchleben müssen.“ (Stefan Ruf, Psychologe und Autor)  


Die unerwünschten Nebenwirkungen von Klimakrisenkommunikation

 

Ein spannender Beitrag dazu kommt aus dem Fachbereich Psychologie & Umweltmanagement der Universität Salzburg. Die Quintessenz einer neuen Studie: „Das Lesen von Klimawandelinformationen hat keine, bzw. eine gegenteilige Wirkung auf klimafreundliches Verhalten". Eine Konfrontation mit einer existenziellen Bedrohung wie der Klimakrise führt zu einem unangenehmen Zustand, den Personen auf direkte oder symbolische Art lösen können. Die direkten Lösungen stehen in Bezug zur Bedrohungsquelle und tragen zur Lösung bei – klimafreundliches Verhalten etwa oder Engagement, was allerdings nur bei wenigen besonders umweltfreundlichen Personen passiert.

 

Die symbolischen Verteidigungsreaktionen haben keine Verbindung zur Bedrohung, sondern sind Handlungen, in denen Personen ihre eigenen gesellschaftlichen Werte und Weltanschauen verteidigen, etwa durch das Abwerten von Fremdgruppen. Das hilft psychologisch, wieder Kontrolle über die Situation zu bekommen, hat aber absolut nichts mit der Lösung der eigentlichen Bedrohungsursache zu tun. Die symbolischen Verteidigungsreaktion besteht sprichwörtlich darin, sich „einzubetonieren“, nicht nur argumentativ, sondern auch menschlich. Letztendlich steht auch die These im Raum, ob nicht der Rechtsruck der letzten Jahre in vielen Gesellschaften der Klimakrise geschuldet ist – immer mehr Menschen haben immer mehr Angst vor anderen Menschengruppen und werden egozentrischer. Auf diesem Hintergrund lässt sich auch der deutsche Hang zu übergroßen SUVs mit schwerer Tonnage erklären: Eine trotzige Verteidigungsreaktion symbolischer Art – mit dieser Karosserie und Stärke wird meine Art zu leben verteidigt. Gegen alles. Basta! Schließlich ist unser Bewusstsein stark geprägt durch die Ausrichtung auf Konsum, Wachstum und Leistung - das hat man uns ja auch lange genug professionell eingetrichtert.  

 

Stellt sich die Frage, was da hilft? Einhellige Meinung: Es bringt nichts, Verderben und Finsternis zu predigen, wir brauchen "positive Kommunikation" und letztendlich eine "neue Erzählung". 

 

Da war sie wieder, die Sache mit der neuen Erzählung ... 

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