Wachstumswahn: Wie die Wirtschaft die Welt frisst

Plündern bis zum Gehtnichtmehr

 

Im Jahr 2024 erreicht die Menschheit den globalen Earth Overshoot Day bereits am 01. August, was bedeutet, dass wir bis zu diesem Datum bereits alle natürlichen Ressourcen verbraucht haben, die unser Planet in einem ganzen Jahr regenerieren kann. In deutlichem Kontrast dazu steht Deutschland, wo dieser Tag noch früher, nämlich am 2. Mai, eintrat. Diese Daten verdeutlichen die drastische Diskrepanz zwischen unserem anhaltenden Wachstumsstreben und den tatsächlichen Kapazitäten unseres Planeten. So, wie wir uns benehmen, bräuchten wir drei davon, allerdings sind wir auf diesen einen angewiesen - zumindest bis Elon Musk den Mars kolonialisiert hat. Was dauern dürfte. 


„Jede menschliche Ordnung, die immerwährendes materielles Wachstum zur Voraussetzung hat, muss früher oder später scheitern. Denn die Erfüllung dieser Voraussetzung ist objektiv unmöglich. Eine Politik, welche die Zukunftsfähigkeit des Landes und seiner freiheitlichen Ordnung von dauerhaftem Wachstum abhängig macht, kann deshalb keine lebenswerte Zukunft bieten. Ihr fehlt der tiefere Sinn.“ (Kurt Biedenkopf in der ZEIT, 2004)


Innovation und Effizienz: Segen oder Fluch?

 

Die Debatte, ob technologische Innovationen und Effizienzsteigerungen tatsächlich zu einem Rückgang des Ressourcenverbrauchs beitragen, ist so komplex wie hart geführt. Einerseits können Innovationen wie erneuerbare Energien und verbesserte Recyclingtechnologien den Druck auf natürliche Ressourcen verringern - andrerseits werden Effizienzgewinne in der Regel als Mittel gesehen, um zusätzliches Wachstum zu ermöglichen. Warum eigentlich? Weil im Kapitalismus das Leitprinzip herrscht: Stillstand ist Untergang. Die Akteure verurteilt, in Wachstum zu denken - nur wenn sie sich verbessern, wachsen, Marktanteile gewinnen, können sie sich behaupten. Darüber hinaus hat der Staat seine Sozialsysteme auf Wachstum gebaut und das kapitalistische Geld- und Wirtschaftssystem muss mindestens in Höhe des Zinsniveaus wachsen, um stabil zu bleiben (Von der mächtigen Zinseszins-Dynamik mal ganz abgesehen). Die Folge: Der Ressourcenverbrauch nimmt nicht ab, er nimmt sogar deutlich zu.

Ohne einen gravierenden Systemwechsel werden wir also nicht von der Nadel "Wachstum" wegkommen. Da damit aber auf unabsehbare Zeit nicht zu rechnen ist, stellt sich die Frage, ob wir Bürger und Konsumenten bereit sind, unseren Konsum grundlegend zu überdenken, um das tödliche System von unten aufzurollen. Also weniger fliegen, den Fleischkonsum reduzieren und generell weniger und bewusster kaufen und verbrauchen. Das würde nicht nur unseren ökologischen Fußabdruck verringern, sondern auch zu einer gerechteren Verteilung der Ressourcen weltweit beitragen.


Es gibt kein grenzenloses Wachstum. Außer beim Krebs. Und der Krebs macht nicht gesund, sondern er führt zum Tod.

(Franz Alt, Januar 2019)


Wachstum? Denken wir doch Mal in Alternativen! 

 

Um die zerstörerischen Auswirkungen des aktuellen Wachstumsparadigmas abzumildern, müssen wir ernsthaft alternative Wirtschaftsmodelle breit diskutieren und in Betracht ziehen. Konzepte wie die Kreislaufwirtschaft, die auf Nachhaltigkeit und das Recycling von Ressourcen setzt, das Doughnut-Ökonomiemodell von Kate Raworth, das ökologische Grenzen und soziale Grundbedürfnisse in den Mittelpunkt stellt, oder die Fairconomy, die sich an die Ideen des Sozialreformers Silvio Gesell orientiert, sind diskussionswürdige Ansätze. Darüber hinaus bietet Nico Paech mit seinem Ansatz der Postwachstumsökonomie eine radikale Vision, die eine deutliche Reduktion der Produktion und des Konsums vorsieht. Paech argumentiert für eine "Befreiung vom Überfluss" und schlägt vor, lokale und dezentralisierte Wirtschaftsstrukturen zu stärken, um die Resilienz gegenüber globalen Schocks zu erhöhen und die Nachhaltigkeit zu verbessern. Diese Modelle setzen nicht nur auf technologische Innovationen, sondern auch auf eine Änderung des Verhaltens und der Lebensweise, um ein Gleichgewicht zwischen ökologischen Grenzen und menschlichem Wohlstand zu erreichen.

 

Die größte Herausforderung: Kollektives Umdenken

 

Die vielleicht größte Herausforderung liegt jedoch in der Überwindung unserer mentalen Modelle: Wir müssen von einer Kultur des "Immer mehr" zu einem Verständnis übergehen, das Qualität und Nachhaltigkeit über Quantität stellt. Dies erfordert Bildung, öffentliche Aufklärungskampagnen und eine neue Art des Denkens in allen Lebensbereichen. Die Zukunft kann nicht auf den Prinzipien der Vergangenheit gebaut werden, "Wachstumslokomotive Deutschland" ist kein besonders erstrebenswerter Titel mehr, auch wenn es in der Politik immer noch als erstrebenswertes Ideal ganz oben steht. Keine Rede ohne Wachstum - Sie kennen das sicher. Es ist Zeit, dass wir als globale Gemeinschaft einen kühneren, nachhaltigeren Weg einschlagen, der nicht nur das Überleben unseres Planeten sichert, sondern auch eine gerechtere Welt für alle schafft. 

 

Einen fundamentalen BrainChange eben ... und JEDER kann sofort damit beginnen! 

#Wachstumswahn #EarthOvershootDay #Nachhaltigkeit #Degrowth #Postwachstumsökonomie

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